Nigel Lloyd LDP England

Seit acht Jahren bin ich für die Liberaldemokratische Partei Mitglied im District Council (entspricht dem deutschen Kreistag, Am.d.Ü.) des Landkreises, in dem ich lebe. Meine Aufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass zentrale (staatliche) Dienstleistungen aufrecht erhalten bleiben: Abfallbeseitigung bei möglichst umfangreichem Recycling, Straßenreinigung, Gewährung von Wohngeld, Gesundheitsversorgung, Raumordnungsplanung und (Bau-)Genehmigungen, Taxi- und Schanklizenzen und die Bereitstellung von Sportanlagen in der Region.

Meinem Selbstverständnis nach war ich immer Europäer und über das Ergebnis des britischen Referendums im Juni 2016 entsetzt. Weder im Vereinigten Königreich, noch im Parlament oder sogar in ihrer eigenen Partei ist es seitdem unserer konservative Regierung gelungen, einen Konsens darüber zu erreichen, wie der Brexit aussehen soll.

Auch nach zwei Jahren Rhetorik scheinen wir einer Vereinbarung nicht näher zu kommen. Die nächsten Monate werden die Zukunft des Vereinigten Königreichs für Jahrzehnte bestimmen. Es ist eine besorgniserregende Zeit. Das Land teilte sich in 48% für „Remain“ (Verbleib in der EU, Anm.d.Ü.) und 52% für „Leave“ (Verlassen der EU) auf. Die Bevölkerung ist zwischen zwei politischen Lagern polarisiert.

Die Wähler wurden mit falschen Versprechungen gelockt von „Leave“ Aktivisten, die von reichen Investoren finanziert wurden, von denen einige riesige Gewinne erzielten, in dem sie sich zugleich gegen das Britische Pfund absicherten.Sie schufen den Mythos, dass die uneingeschränkte Einwanderung aus der EU die Ursache allen Übels im Vereinigten Königreich sei. Die konservative Regierung wog sich damals in falscher Sicherheit, als sie annahm, dass das Vereinigte Königreich für den Status Quo und den Verbleib in der EU stimmen würde. Ihre Selbstgefälligkeit während des Referendumswahlkampfes gepaart mit den falschen Versprechungen von „Leave“, dass riesige Geldsummen in die britische Wirtschaft zurückfließen würden, sollten wir die EU verlassen, beeinflusste die Menschen, für einen Austritt aus der EU zu stimmen. Kurz gesagt, die „Leave“-Kampagne beruhte auf Falschaussagen.

Viele rechtsnationale Politiker fordern nun einen „harten Brexit“, bei dem Großbritannien einfach ohne irgendwelche Vereinbarungen die EU verlässt. Sie sind davon überzeugt, dass das Vereinigte Königreich erfolgreich sein wird. Wirtschaftliche Analysen kommen zur entgegengesetzten Ansicht.Die Liberaldemokraten im Vereinigten Königreich sind leidenschaftlich der Meinung, dass Großbritannien stärker ist, wenn es Mitglied der Europäischen Union ist. Wir haben darum gekämpft, den Menschen das letzte Wort zum Brexit-Deal zum geben, mit der Möglichkeit, für den Verbleib in der EU zu stimmen.

Wir erkennen das Ergebnis des Referendums von 2016 an, das der Regierung ein Mandat gab, Verhandlungen zu beginnen – aber wir sind der Meinung, dass die endgültige Entscheidung vom britischen Volk und nicht von Politikern getroffen werden sollte. The people‘s vote! („People‘s vote“ ist eine Bürgerinitiative, die für eine Volksabstimmung über den endgültigen Brexit-Deal eintritt, Anm.d.Ü.).

Die Liberaldemokraten kämpfen darum, Großbritannien in der EU zu halten, einschließlich des Binnenmarktes und der Zollunion – der Handel muss ohne beeinträchtigende Kontrollen an der Grenze aufrecht erhalten bleiben. Liberaldemokraten sind offen und nach außen orientiert. Wir sind leidenschaftlich der Meinung, dass die Beziehungen Großbritanniens zu seinen Nachbarn als Teil stärker sind, wenn es Teil der Europäischen Union ist. So unvollkommen sie auch ist, die EU bleibt der beste Rahmen, um effektiv zu arbeiten und kooperativ unsere gemeinsamen Ziele zu verfolgen. Dies hat unmittelbar zu mehr Wohlstand, mehr Handel, Investitionen und Arbeitsplätzen, besserer Sicherheit und einer grüneren Umwelt geführt.

In der EU geht es Großbritannien besser. Liberaldemokraten haben sich dafür eingesetzt, dass Großbritannien in der EU bleibt. Wir erkennen jedoch das Ergebnis des Referendums von 2016 an, das der Regierung ein Mandat gab, Austrittsverhandlungen zu beginnen. Die Entscheidung Großbritanniens bestand jedoch lediglich darin, in der Europäischen Union zu bleiben oder diese zu verlassen. Auf dem Stimmzettel gab es keine Möglichkeit, die Form unserer zukünftigen Beziehung zur EU in wichtigen Fragen wie Handel, Reise oder Sicherheit festzulegen.

Wenn auch vieles über Theresa Mays Ansatz unsicher bleibt, ist es nun klar, dass sich die rechtsnationalen Konservativen für einen „harten“ Brexit einsetzen. Dies bedeutet das Verlassen des Binnenmarktes, das Ende der Freizügigkeit und die Aufgabe der Zollunion – auch wenn dieser Weg Großbritannien ärmer machen und viele „Leave“ Wähler enttäuschen wird, die ein anderes Ergebnis wollten.

Die Auswirkungen des Brexit sind bereits spürbar. Der Wert des Pfundes ist abgestürzt. Die Inflation ist angestiegen. Das Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt, und die Regierung nimmt bereits Milliardenkredite auf, um Ausfälle bei den Steuereinnahmen zu ersetzen. Den jungen Leuten, die überwiegend „Remain“ gewählt haben, wird gesagt, ihre Stimmen spielen keine Rolle.

Dringende Probleme wie die Zukunft des NHS (‚National Health Service‘, das staatliche Gesundheitssystem in Großbritannien, Anm.d.Ü.) werden vernachlässigt wegen der schieren Größe der Herausforderung, die der Brexit stellt.Ein harter Brexit wird all diese Probleme noch verschlimmern. Es ist die falsche Wahl für das Land. Liberaldemokraten werden darum kämpfen, einen harten Brexit zu verhindern.Am Ende der Verhandlungen wird über den Deal (mit der EU, Anm.d.Ü.) entschieden. Die Konservativen wollen, dass die Entscheidung von Politikern vorgenommen wird. Liberaldemokraten sind der Meinung, dass das britische Volk das letzte Wort haben sollte.

Deshalb wollen wir, wenn die Bedingungen für unsere zukünftigen Beziehungen zur EU ausgehandelt worden sind, diese dem britischen Volk in einem Referendum zur Abstimmung stellen, wobei auf dem Stimmzettel auch die alternative Auswahlmöglichkeit vorhanden sein soll, in der EU zu bleiben. (Denn) wir sind nach wie vor der Meinung, dass es für Großbritannien außerhalb der EU keinen besseren Deal geben wird als den, den es bereits als Mitglied hat.

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