Woinheimer Euroletter Nr.6

 

               

Woinemer Euroletter Nr. 6

Juli 2019

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Editorial

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.”

 Liebe Leserin, lieber Leser,

einer der ganz großen Weinheimer, eigentlich Hohensachsener, Sepp Herberger, ist bekannt für seine überzeitlich wahren Aussagen. „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.” ist eine dieser Weisheiten. In der Anwendung für uns bedeutet dies: Nach den Europawahlen geht es weiter mit „Doch Europa!”.

Aus unserer Sicht können wir zufrieden sein mit der Kampagne und ihrem Ergebnis, wiewohl wir uns die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich höhere Wahlbeteiligung an der Bergstraße nur, sagen wir, irgendwie, an den Hut stecken. Höchst erfreulich ist sie sowieso.
Wir haben uns also gefragt, ob und wie es weitergehen soll. Das „Ob“ haben wir als gesetzt übergangen, zum „Wie” gibt es Planungen und Überlegungen.

Derzeit schon festgelegt ist eine literarisch-musikalische Revue Näheres unten.  Wir haben Zusagen von Stefan Kornelius, dem „Foreign Editor”, also Chef der Außenpolitik der „Süddeutschen Zeitung”, einen der großen Außenpolitik-Experten in Deutschland. Ebenso wird Michael Dorn, Diplomat in der Botschaft in Athen, als Referent zur Verfügung stehen. Mehr dazu in diesem Letter. Beide sind in Weinheim aufgewachsen.

Für 2021 planen wir ein Podium „Zwischen den Wahlen” mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Die vielfach gestellte Frage, wann es das nächste Chorfestival gibt, werden wir in Kürze klären. Außerdem haben wir noch diese und jene Idee, die wir Ihnen bei entsprechendem Reifegrad gerne vorstellen werden. Alle bisherigen Kooperationspartnerinnen haben die weitere Mitarbeit zugesagt.

Wie Sie sehen, werden wir auch den „Woinemer Euroletter” weiterführen. Die Rubrik „Aktuell” haben wir umbenannt in „Angekündigt”, die Berichte modischerweise in „Berichtet” und außerdem soll es eine Rubrik „Information – Analyse – Meinung” geben. Diesmal finden Sie dort von der Bertelsmann Stiftung Gesammeltes, eine Analyse der Europäischen Parteienlandschaft der Süddeutschen Zeitung und eine Meinung zur Wahl unserer neuen Kommissionspräsidentin.
Natürlich sind wir für jegliche Anregungen und Meinungsbeiträge dankbar. Schön wäre es, wenn der Euroletter eine höhere Auflage als derzeit 214 Adressaten bekäme.

Kurz und gut: Mit Ihrer Unterstützung werden wir gerne weiter frisch voranschreiten, damit aus „Doch Europa!” „Europa!” werden kann.

Beste Grüße
Ihre

Alexander Boguslawski                 Adalbert Knapp                  Norbert Kramer

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Aus dem Nähkästchen

Reibungslos, sorgfältig, erfolgreich

Erstmals im bürgerlichen Wahlleben der Ehre teilhaftig geworden, Wahlhelfer zu sein, beginnt das Ganze — perfekt dazu eingeladen und präzise organisiert — im großen Sitzungssaal des Rathauses, oder, wie die WN so schön schreibt, in der guten Stube des Gemeinderats, Keimzelle und Urform der Demokratie, wie es nicht nur in Sonntagsreden heißt. Der Kopf schwirrt und die Hoffnung ist groß, dass „meine” Vorsitzende des Wahlbezirksvorstands 002-01, dass alles richtig weiß.
Gottseidank nicht nur dies, auch noch das Glas Wasser bzw. die Flasche Wasser reicht sie, weil der Neuling nicht daran gedacht hat, dass man für sieben Stunden nicht nur seinen Kopf und Verstand, sondern auch seinen Kreislauf benötigt. Scheinbar rechtzeitig angekommen, verzögert ein erfreulicher Stau vor dem nachbarlichen Wahllokal den pünktlichen Dienstantritt. Dann freilich gilt es genau zu sein, 10er-Stapel, Wahlberechtigte nur für Kommunalwahl, nicht für die Europawahl, nicht ins Kröpfchen, sondern aufs eigene Häufchen, Gottseidank protokolliert ein alterfahrener Wahlhelfer und der nominelle stellvertretende Vorsitzende muss seine grauen Zellen nicht zu sehr strapazieren.
Manchmal gibt es Stau, weil die Kommunalwahlscheine noch nicht ausgefüllt sind (heimliches Stirnrunzeln), und manchmal gibt es Pause und man und frau kommen ins nachbarschaftliche und Bürgerschaft-Verwaltungsgespräch. 18:00 Uhr, nichts geht mehr!!!! Zuvor war unsere Chefin wiedergekommen, Gabriela Schwarz, sie hat alles vorbereitet für den Countdown.

Europa zuerst

Zunächst die Europawahl, die Welt bzw. Europa will und soll es so schnell wie möglich wissen, und dann fehlt eine Stimme, eine Stimme von 179, alles von vorn, sie ist gefunden, Gottseidank und die EU gerettet und Gabriela Schwarz gibt das Ergebnis aus Wahlraum 002-01 an die Zentrale.

Bei den Stadträten und -innen ist nur Vorsortieren notwendig, die unveränderten und die kumuliertpanaschierten und dann wird alles versiegelt und morgen früh wird das Ganze – allzeit bereit der Bauhof – aufs Rathaus gebracht, wo drei Tage später die einen jubeln und die anderen bedropst sind und den einen neuen Stadtrat, den hätte es wirklich nicht gebraucht. Dennoch: Eine hat gewonnen: Unsere Demokratie.
Einige Zeit später Post vom neuen OB, also eigentlich von Amtsleiter Markus Böhm: Ein aufrichtiges Dankeschön für die „reibungslose, sorgfältige und erfolgreiche Durchführung der Wahlen”. Der Dank des Bürgers geht umgehend zurück an die Damen und Herren der Verwaltung, ergänzt durch „höchst professionell und zugewandt”. Natürlich ist der Berichterstatter, so Gott und die Stadtverwaltung wollen, beim nächsten Mal wieder dabei!

Adalbert Knapp

PS.: Sie haben es an den Wahlzetteln bemerkt: Das ist ein Symbolbild, aber ein schönes?

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Angekündigt

präsentieren

Musikalisch-literarische Revue
Mit der  Sängerin Susanne Bohn und dem Autor und Verleger Ulrich Wellhöfer
Literarische und musikalische Fundstücke aus fast drei Jahrtausenden fördern durchaus Überraschendes, Eindrückliches, aber auch Skurriles zutage.
Mittwoch, 23. Oktober 2019 | 19:30 Uhr
Stadtbibliothek Weinheim

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Berichtet

Weinheim leuchtete für Europa

Sehr kurzfristig hat sich unsere Initiative auf eine Anregung aus der Bürgerschaft hin dazu entschlossen, am Abend vor der Wahl die Windeck europäisch leuchten zu lassen. FRIEDRICH  EVENTS und Sponsoren machten es  möglich.

In dem flugs ausgelobte Wettbewerb

… waren dies die Gewinnfotos

Foto: Philipp Pflästerer

Bild: Joachim Gutjahr

Dieser Kommentar soll nicht fehlen:

„Das Feedback auf allen Social Media Kanälen war wie erhofft überwältigend. Die Bilder gingen durch die Regionale Welt und wurde sehr oft geteilt und weiter verbreitet. Die Message mit dieser Aktion war klar und nicht zu übersehen.“
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Information – Analyse – Meinung

Kommentare zur Europawahl

Diese Reaktionen hat die Bertelsmann-Stiftung zusammengestellt: Es lohnt sich, reinzuschauen.

Kommentare aus dem Woinemer-Euroletter-Umfeld

„Herzlichen Glückwunsch an alle Mitstreiterinnen und Mitstreiter von ,Doch Europa!‘. Großartig!”

Natürlich: Eigenlob riecht nicht gut, aber wenn es stimmt …
Natürlich freut es uns, dass die Wahl in die Richtung  so gelaufen, die auch uns seinerzeit dazu brachte, die Initiative „Doch Europa!” zu starten. Für ein  einiges, demokratisches Europa, gegen Nationalismus und Rechtsradikalismus.

Auch von einigen unserer „Europakorrespondenten” bekamen wir Post

So schrieb uns Dieter Maupai aus seinem Zeitwohnsitz Autun in Burgund

„Den von Präsident Macron ausgerufenen Zweikampf bei der Europawahl in Frankreich hat die Partei von Marine Le Pen mit hauchdünnem Vorsprung gewonnen. Beide konnten jedoch ihre Ambitionen bei der Bildung der neuen Fraktionen im EU-Parlament nicht realisieren.

Obwohl die Franzosen in der liberalen Fraktion die größte Gruppe stellen, hat sich Macrons Favoritin Nathalie Louseau durch unbedachte Äußerungen selbst um den Fraktionsvorsitz gebracht. Zum neuen Chef wurde der ehemalige rumänische Premierminister Dacian Ciolos gewählt.
Gescheitert ist auch der Versuch von Le Pen, die Rechtspopulisten und Europakritiker zu einer starken Gesamtfraktion unter Einschluss der polnischen, ungarischen und britischen Abgeordneten zusammenzuschließen .
Im Ringen um die Ernennung des neuen Kommissionspräsidenten konnte Macron aber bereits einen Sieg über die Kanzlerin verzeichnen, indem er – falls nicht noch ein politisches Wunder geschieht – die Wahl des EVP-Kandidaten Manfred Weber verhindert hat.”

Dieter Maupai, geboren in der Südpfalz, verheiratet mit einer Französin, zwei Kinder. Studium der Germanistik und Romanistik, Fremdsprachenassistent in Autun (Burgund). 40 Jahre Gymnasiallehrer im Raum Weinheim. Zahlreiche Frankreichreisen mit Schülern und erwachsenen. Lehrtätigkeit im Rahmen des Deutsch-Französischen Jugendwerks und der Volkshochschule.

Von Michael Dorn kam diese Mail aus Athen

„Die EP-Wahlen am 26. Mai haben EU-weit zu einem teils deutlichen Anstieg der Wahlbeteiligung geführt. Weinheim ist da ganz vorne mit dabei. Herzlichen Glückwunsch an alle Mitstreiterinnen und Mitstreiter von ,Doch Europa!‘. Großartig! Und das ist wichtig: denn nur ein Europäisches Parlament, das die Menschen interessiert kann als Herzkammer der europäischen Demokratie ernst genommen werden.
Die Europäische Union ist für mich die beste Idee, die auf diesem Kontinent im letzten Jahrhundert entwickelt wurde. Gerade aus den Städten und Gemeinden, als jemand, der zurzeit in Athen leben und arbeiten darf, liegt mir die „Polis” förmlich auf der Zunge, muss gegen diejenigen mobilisiert werden, die Europa in Wirklichkeit zerstören wollen. In diesem Sinne freue mich, wenn das Europäische Parlament weiterhin die Menschen umtreibt. Und wir alle dabei mitmachen, unser Europa weiter zu bauen!”

Michael Dorn, Jahrgang 1971 studierte nach dem Besuch des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Heidelberg und Jerusalem Politikwissenschaft, Geschichte und Öffentliches Recht. Er trat dann in den Diplomatischen Dienst ein mit inzwischen Stationen in Berlin, Athen, Moskau, Masar e Sharif, Nordafghanistan. Derzeit ist er Leiter der Wirtschaftsabteilung in der Botschaft Athen. Lesen Sie auch „Das Porträt”.

Unsere Botschafterin aus der Leibnizstraße ist Ruth Flocke vom Privatgymnasium Weinheim

„Ich bin überzeugt, dass die Initiative ,Doch Europa!‘ durch ihre vielfältigen Aktionen das Interesse vor allem auch junger Menschen an Europa geweckt hat. Als Lehrerin konnte ich beobachten, wie vielen Schülern durch Quiz, Podiumsdiskussion und Konzert die Bedeutung Europas für unsere Zukunft überhaupt bewusst wurde. Die Europawahl ist das einzige demokratische Mittel, Europa als Bürger aktiv mitzugestalten. Demokratie lebt vom Mitmachen, dafür ist ,Doch Europa!‘ ein herausragendes Vorbild und Beispiel. Wenn viele mitmachen, bekommen extreme Parteien weniger Zustimmung, das zeigen die Ergebnisse der Wahl in den verschiedenen Mitgliedstaaten. Nun liegt es an den Vertretern im EP durch Transparenz und aufrichtiges Durchsetzen des Wählerauftrags ein lebendiges Europa zu gestalten.”

Ruth Flocke, Jahrgang 1985, studierte nach dem Besuch des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Heidelberg Mathematik und Philosophie/ Ethik. 2009 begann sie ihr Referendariat am Ludwig-Frank-Gymnasium in Mannheim, welches sie 2011 mit dem 2. Staatsexamen beendete. Seitdem arbeitet sie am Privatgymnasium Weinheim und ist inzwischen dort Mitglied der erweiterten Schulleitung.

Auf dem Umweg über die Weinheimer Straße kam diese Post aus Ungarn von Sandor Vajna

Die Wahlbeteiligung zu den Europawahlen war erfreulich hoch und sie zeigte deutlich, dass die europäischen Völker großes Interesse an einem funktionierenden demokratischen Europa haben. Das Erstarken der nationalen und nationalistischen Bestrebungen (über die beispielsweise Péter Fábri aus Budapest berichtet hatte) fiel erfreulicherweise nicht so stark aus wie vorher befürchtet.
Ich bekomme allerdings Zweifel, ob das aktuelle Führungspersonal der EU tatsächlich willens und in der Lage ist, Europa so zu gestalten, wie es dem Auftrag der Wähler entspricht. Schaue ich mir das aktuelle Geschacher um der Kommissionspräsidenten und weiterer Führungsfunktionen an, so stellt sich mir die Frage, warum eigentlich der ganze Aufwand um die Spitzenkandidaten für den Kommissionsvorsitz getrieben wurde, wenn sich doch jetzt herausstellt, dass diese Positionen (mal wieder und wie üblich) im Hinterzimmer verteilt und nicht nach Fähigkeiten und Notwendigkeiten, sondern lediglich nach politischen Mehrheiten und Kalkül vergeben werden. Da hätte man sich das Ganze mit den Kandidaten sparen und denen die persönliche Demontage ersparen können. …
Das Führungspersonal der EU sollte sich nicht wundern, dass durch solches Taktieren Verständnis, Unterstützung und Engagement für die EU nicht steigen, sondern wieder sinken werden. Hinzu kommt, dass sie mit diesem Verhalten genau den Le Pens, Kaczinskys und Orbáns in die Hände spielen anstatt die EU zu stärken.

Prof. Dr. Sandor Vajna, geboren  1952 in Budapest, kommt 1956 mit seiner Familie nach Deutschland. Nach beruflichen Stationen an der Unversität Karlsruhe und bei Freudenberg von 1994  bis zu seiner Emeritierung Professor für Maschinenbauinformatik an der Universität Magdeburg. Die berufliche Arbeit führte ihn über die Jahre in viele europäische Länder. Immer noch enge Bezeihungen zu Ungarn

Und wenn Sie es noch genauer wissen wollen, hat die Süddeutsche Zeitung für Sie eine Analyse der europäischen Parteienlandschaft  nach der Wahl zusammengestellt

Aus himmlischer Sicht

Natürlich hatte der luxemburgische Außenminister und Sozialdemokrat recht, wenn er meint, Europa ginge nicht unter, wenn Ursula von der Leyen nicht zur Kommissionspräsidentin gewählt würde. Schließlich  wurde Rom auch nicht an einem Tag erbaut. Dennoch fragt sich der interessierte Beobachter, ob diese überzeitlich-himmlische Sicht der wahre Grund war, warum die deutsche rote und grüne Internationale die entscheidenden Stimmen bei der Wahl den EU-GegnerInnen überließ und, wie heißt das so schön, nicht ein Zeichen für Europa setzte.
Wie sah das Personaltableau aus? Eine Frau aus Deutschland soll Kommissionspräsidentin werden, von einem Franzosen vorgeschlagen, noch eine Frau, Christine Lagarde, Chefin der EZB, ein italienischer Sozialdemokrat ist schon Präsident des Europäischen Parlaments, Josep Borell, der spanisch-katalanische-sozialdemokratische Außenminister wird „Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik” und Charles Michel, ein 44 Jahre alter belgischer Liberaler, Präsident des Europäischen Rates.
Alles in allem: Erstmals zwei Frauen an der Spitze der EU, zwei Sozialdemokraten mit vorne dran, ein junger Liberaler aus Belgien, einem der Gründungsländer des vereinigten Europas. 28 europäische Regierungen haben sich geeinigt, auch die bösen Buben aus dem Osten sind dabei. Und bei den Klimazielen ging es um dramatische fünf Prozent von 50. Wo war das grün-rote Problem?

Reaktionen im Europahimmel könnten nachdenklich stimmen:

Charles de Gaulle und Konrad Adenauer, über allen Wolken, blicken wohlwollend herab, es gibt Champagner, trotz aller Sparsamkeit der beiden: „Die mögen uns immer noch nicht!“

Willy Brandt und Egon Bahr, nebenan: „Unsere Genossen meinen immer noch, dass sich die Welt um sie drehe und nicht umgekehrt.”

Joschka Fischer, noch nicht (ganz) entrückt: „Ich hab‘ immer  schon gesagt, die können das nicht …”

Adalbert Knapp

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Rumgefragt

Reisen nach Europa: Schengen

Wahlen zum Europaparlament,  ein Artikel zum Schengener Abkommen in den Weinheimer Nachrichten, wo liegt das eigentlich? Barbara Kramer zu ihrem Mann Norbert: Wie wär‘s? Also nix wie hin, übers Wochenende, ein Klacks, naja, zwei Stunden in Richtung Luxemburg, durch die  Pfalz und das Saarland, über Jahrhunderte Grenzländer, mal beim Franzos, mal wieder heim im Reich, mal bayerisch und dann bei AKK. Ein kleiner Ort, gerade 4812 Einwohner (am 1. Januar 2018), an der Mosel, eigentlich ein richtiges  Dreiländereck. Natürlich war diese Lage der Grund,  warum am Am 14. Juni 1985  die Vertreter der fünf EG-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande und Luxemburg auf dem Fahrgastschiff Princesse Marie-Astrid das Schengener Übereinkommen unterzeichneten. Schengen I war geboren. Es waren übrigens nur fünf der 10 Mitgliedsstaaten der damals noch EG, ein Beispiel dafür, dass ein Europa der zwei Geschwindigkeiten nicht Neues ist.

Das Museum,  es wirkt ein wenig klein angesichts der Bedeutung  des Abkommens, meint Norbert Kramer, freilich, eigentlich kommt alles vor: Wie Das Abkommen entstanden ist, wer alles dazugehört, dass es eine der sichtbarsten Formen der Europäischen Einigung ist, und  fast unversehens stehen die Wochenendausflügler in Frankreich und niemand will den Pass sehen, und – zurück zum Museum –  natürlich, wie sich das gehört, alles interaktiv, damit die große Zahl der  Interessierten – alles dabei, Familien mit Kindern, Jugend, unsereins und ganz viele Sprachen – also dass die auch wirklich möglichst viel mitbekommen.
Unterschrieben wurde der Vertrag auf einem Schiff, der Princesse Marie-Astrid, geborene von und zu Großherzogstochter und seit 1982 durch Heirat mit Charles-Christian de Habsbourg-Lorraine inzwischen Österreicherin verbunden, wer denkt nicht an Maria Theresia und ihren Karl von Lothringen, auch so eine europäische Reminiszenz, überhaupt der    europäische Adel, er war immer schon ein wenig europäisch.

Auf diesem Schiff also unterzeichneten die fünf den Vertrag, gerade 30 Jahre nach dem  Ende des von Nazi-Deutschland verursachten Zweiten Weltkriegs. Wirklich historischer Boden, wenn auch etwas schwankend. Übrigens: In Deutschland hatte damals die Helmut-Kohl-Zeit drei Jahre zuvor begonnen und in Frankreich war Kohlfreund Francois Mitterand 1981 Präsident geworden.

Nach Verstärkung  durch Kaffee und Kuchen, geht es für die Ausflügler weiter zum Übernachtungsort  Mondorf-les-Bains und am nächsten Tag also Luxemburg. Alles propper, die Festung freilich nur noch Mauer, aber gut erhalten, von Abgehängt sein nirgends eine Spur, man könnte meinen, das Steuerparadies ist nicht nur ein solches.

Übrigens stehen vor dem Museum drei Säulen mit durchsichtigen Sternen und solchen, in denen jeweils ein Symbol für eines der EU-Länder zu sehen ist. Die Schweiz war einfach, auch noch Dänemark …

…erfreulicherweise war der Gartenzwerg schnell zugeordnet, er steht zusammen mit dem Brandenburger Tor für unsereins, gut dass wir weit weg im Süden leben.

Andere Europäische Städte? Eigentlich schon überall gewesen: Nizza? Natürlich, Paris? Klar, Lissabon? Sowieso, Maastricht? Das könnte sein – 256 Kilometer, Niederlande, 121.362 Einwohner, eine der ältesten Städte der Niederlande, das nächste Ziel, wir werden berichten.

Mehr Informationen zum Schengener Abkommen

Die Staaten des Schengener Abkommens
Blau: Vollanwenderstaaten Nicht-EU-Schengenmitglieder (EFTA) (IS + N + CH + FL) Oliv: Zukünftige Schengen-Mitglieder (HR + RO + BG + CY) Grün: (Noch) kooperierende Staaten (GB + IRL)

 Adalbert Knapp

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Post

… aus Ungarn

Péter Fábri, ungarischer Schriftstelle und im März 2019 Gast von „Doch Europa!” in Weinheim, schickt uns über Sandor Vajna diesen Hinweis auf einen Artikel im Wiener  „Standard” über die Zustände in Ungarn. Es lohnt sich, reinzuschauen.

… und  von den EuropavertreternInnen, die bei unserem Wahlforum dabei waren

Andreas Glück, MdL  von der FDP, hatte noch keine Zeit, seine Website darüber zu informieren, dass er inzwischen  MdEP ist.  Musste wahrscheinlich intensiv überlegen, ob er Ursula von der Leyen wählen …

Die von Anna Deparnay-Grunenberg ist seit 8. Juli up to date

https://anna.deparnay-grunenberg.eu/

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Das Porträt

Michael Dorn

                                                                                                                    Herr Dorn, ehe wir zu den großen Fragen kommen, ein paar persönliche.
Sie sind in Weinheim aufgewachsen, gingen hier zur Schule.
Welches waren Ihre besonderen Interessen in der Schule neben der Schule?

Ich habe mich immer für Politik interessiert. In der Oberstufe war ich Schülersprecher, später Mitglied im Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats.  Durch den Stadtjugendring Weinheim habe ich Gelegenheit bekommen, den internationalen Jugendaustausch kennenzulernen (Cavaillon, Imola und später, für fast ein ganzes Jahrzehnt, Ramat Gan/Israel).

Wann hat sich bei Ihnen die Idee für die diplomatische Laufbahn entwickelt

Europa und internationale Politik haben mich während meines Studiums der Politikwissenschaft schnell am meisten interessiert. Im Laufe eines Studienjahres in Jerusalem hatte ich dann sehr viele Begegnungen mit Leuten aus aller Welt. Da habe ich gemerkt, dass es mir Spaß macht, „unser schwieriges Vaterland”, wie es einmal ein früherer Bundespräsident ausgedrückt hat, im Ausland zu erklären und darüber zu debattieren.

Welches waren die Schritte auf diesem Weg?

Nach meinem Studienabschluss in Heidelberg habe ich mich fürs Auswärtige Amt beworben. Im Mai 2000 konnte ich dann zu meiner Freude und -angesichts von sehr vielen Bewerbern – auch durchaus zu meiner Überraschung mit der amtseigenen Ausbildung – damals noch in Bonn-anfangen.

Sie sind seit 2003 mit einer Griechin verheiratet. In unserem Zusammenhang die Frage nicht nur aus persönlicher Neugier: Wie kam es dazu?

Studieren im Ausland ist immer gut. Europa schafft so viele Möglichkeiten, sich auch danach nicht aus den Augen zu verlieren und am Ende zu beschließen, den Weg gemeinsam zu gehen.

Was sind aus Ihrer Sicht die Besonderheiten solch einer bikulturellen Verbindung?

In zwei Ländern zu Hause zu sein. Was Griechenland angeht: einerseits -trotz vieler kultureller Unterschiede- doch die gemeinsame europäische Herkunft. Andererseits: das, was sich holzschnittartig als deutsch-griechische Stimmungskrise zwischen 2010 und 2015 bezeichnen lässt, schlug schon bis ins eigene Umfeld von Freunden und Bekannten ein: da gab es viel zu erklären, Missverständnisse auszuräumen und zwar hier wie dort.

Wächst Ihre Tochter zweisprachig auf?

Ja, und zwar völlig problemlos. Ich bin da gegenüber unserer 14-jährigen Tochter voller Bewunderung.

Jetzt zu Ihrer beruflichen Laufbahn: Welches waren die einzelnen Stationen?

Protokoll-Abteilung, Kulturreferent und Leiter Rechts- und Konsularabteilung, Botschaft Athen, Politische Abteilung, Botschaft Moskau, Bundespräsidialamt, Europareferat, Stv. Generalkonsul Masar e Sharif und stv Ziviler Berater Bundeswehr / Nato Einsatz in Nordafghanistan,Leiter des Referats Beziehungen zum Europäischen Parlament im Auswärtigen Amt, seit Juli 2018 Leiter der Wirtschaftsabteilung, Botschaft Athen.

Wenn Sie die idealen Eigenschaften eines Diplomaten beschreiben: Welches sind diese?

Offenheit, interkulturelle Toleranz, Interesse an Menschen. Unsere Aufgabe ist es, Leute miteinander ins Gespräch zu bringen. Auch eine gewisse Demut finde ich wichtig: im Ausland treffe ich immer wieder Menschen, die unter ungleich schwierigeren Bedingungen als bei uns in Deutschland Großartiges leisten und ein großes Herz gepaart mit viel Anstand an den Tag legen. Natürlich gehört aber zu einem Diplomaten auch die Bereitschaft, sich unterordnen und eingliedern zu können, was eigene Schlussfolgerungen gleichwohl nicht ausschließt.

Sie waren mehrere Jahre in Berlin für die Verbindung zum EP zuständig. Wie kann man sich diese Aufgaben vorstellen?

Das war eine tolle Aufgabe: ich war der Verbindungsbeamte des Auswärtigen Amtes im EP und damit für die Beziehungspflege zu unseren 96 Abgeordneten zuständig. Dabei war ich der erste Ansprechpartner, oft auch für andere Ressorts der Bundesregierung. Überdies gehörte es zu meinen Aufgaben, gelegentlich gezielt für Anliegen der Bundesregierung zu werben und weiterführende Kontakte zu den jeweiligen Spezialisten in Berlin zu vermitteln.

Welches Bild von der EU haben Sie in dieser Zeit gewonnen?

Ich konnte die EU und ganz besonders das EP –für mich übrigens ein großes Wunder, die einzige direkt gewählte supranationale Institution der Welt (!)- durch meine monatlichen Reisen zu den Plenarsitzungen in Straßburg nochmals besser, aus eigener Anschauung, kennenlernen. Das EP hat in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Hier werden wirklich die wichtigen Themen unserer Zeit diskutiert und oft, zusammen mit den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, auch entschieden, etwa wenn ich an CO2-Emissionsgrenzwerte oder die Handelspolitik denke. Im Übrigen arbeitet das EP sehr transparent und ich habe ganz viele offene Türen vorgefunden, gerade auch von nicht-deutschen Abgeordneten. Das mag bisweilen der Freundlichkeit gegenüber meiner Person geschuldet gewesen sein. In der Regel war es jedoch Ausdruck dafür, dass in Brüssel, Straßburg sowie in den EU-Hauptstädten genau beobachtet wird, was Deutschland macht oder eben nicht macht. Die Erwartungen an unser Land sind groß. Außerdem habe ich tolle Kollegen aus ganz vielen Mitgliedstaaten kennenlernen können, was bei mir den Eindruck verfestigt hat, dass man die EU erfinden müsste, wenn es noch nicht gäbe. Und da wir die Europäische Union glücklicherweise schon haben, sollten wir behutsam mit ihr umgehen und dieses fragile Gebilde weiterentwickeln und nicht zerstören. Die EP-Wahlen am 26. Mai haben deutlich gemacht, dass die meisten Europäerinnen und Europäer dies genauso sehen.

Was ist zurzeit Ihre Aufgabe in der Botschaft in Athen?

Ich bin seit einem Jahr Leiter der Wirtschaftsabteilung. Damit zuständig für die Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung Griechenlands und den Rahmenbedingungen für deutsche Investitionen. In meinen Bereich fallen zudem die Themen Energie, da hat Griechenland sehr viel zu bieten, sowie Forschung und Tourismus. Außerdem bin ich EU-Beauftragter der Botschaft.

Sie haben schon einmal in Athen gearbeitet, kennen Griechenland aus dieser zeit und natürlich durch Ihre Frau.  Was fasziniert Sie an diesem Land?

Die Schönheit des Mittelmeeres leuchtet hier nach meiner Wahrnehmung am allerhellsten. Landschaftlich ist Griechenland übrigens erstaunlich vielseitig, man findet sogar schneesichere Pisten im Winter (kein Kunstschnee!). Und natürlich die Großzügigkeit der Griechen, die Wärme und Solidarität  innerhalb der Familien sowie die spontane Herzlichkeit von Menschen in Alltagssituationen, die sich vorher vielleicht noch nie begegnet sind.

Was sehen Sie eher kritisch?

Wenn ich vom politischen Rahmen der Gesellschaft spreche: in Griechenland war nach meinem Eindruck zu lange und zu häufig das Prinzip außer Kraft gesetzt, dass starke Schultern mehr tragen sollten als schwache. Das hat mich schon vor der Krise des letzten Jahrzehnts irritiert.

Jetzt noch zum Verhältnis Griechenlands zur Europa bzw. zur EU: Wie ist derzeit die Stimmung im Land?

Griechenland hatte und hat jetzt wieder eine proeuropäische Regierung und auch die große Mehrheit der Bevölkerung kann sich eine gute Zukunft für das Land nur im europäischen Verbund vorstellen. Manches hat sich in den letzten Jahren wieder entspannt, aber zu viele Menschen sind enttäuscht und desillusioniert von Europa. Viele sogar verzweifelt, das macht mir Sorge.

Wie sehen Sie die Perspektiven?

Griechenland atmet nach vielen Jahren der Finanz-, Sozial- und Gesellschaftskrise wieder etwas durch. Aber der Alltag hat sich für sehr viele Menschen verschlechtert und die Aufgaben, die für die neue Regierung jetzt anstehen, sind gewaltig. Besonders bedrückend ist der Umstand, dass der Brain Drain bestens ausgebildeter junger Griechen ins Ausland, auch nach Deutschland, noch nicht ganz verebbt ist. Das ist schmerzlich und auch für eine an Auswanderung gewöhnte Gesellschaft wie die griechische in diesem Ausmaß neu (wir gehen von der Zahl von 500.000 zumeist  jungen Leuten aus). Ich hoffe, wir kommen bald in eine Situation, die der neue Ministerpräsident im Wahlkampf sinngemäß wie folgt beschrieben hat: er wünsche sich, das junge Griechen künftig ihr Glück im EU-Ausland suchen, weil sie wollen und nicht, weil sie müssen. Ansonsten hat das Land natürlich Entwicklungsperspektiven und der Umstand, dass im letzten Jahr alleine 4,3 Mio. Deutsche ihre schönsten Wochen des Jahres in Hellas verbracht haben, hilft der Wirtschaft.

Zum Schluss noch einmal eine persönliche Frage: Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf besonders gut, was weniger?

Für mich habe ich die Berufswahl nicht bereut. Der Familie mutet es aber schon einiges zu, wenn man die Entscheidung trifft, gemeinsam um die Welt zu ziehen. Persönlich gefällt mir der Umstand, alle 3-4 Jahre auch inhaltlich zumeist etwas völlig Neues zu machen. Das finde ich bislang ganz erfrischend!

Herr Dorn, vielen Dank für das Interview.

Interview: Adalbert Knapp

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Unser Buch zu Europa

Für den Euroletter haben Anna, Mia und Leonie Wiesel das Buch rezensiert:

„Wir finden, dass durch die fröhlichen und bunten, manchmal auch traurigen Bilder ein etwas kompliziertes Thema wie den Brexit gut erklärt wird. Zum Beispiel der Comic, in dem die Briten sagen, sie können so besser die Zuwanderung beschränken, wenn sie kein Teil Europas mehr sind. Außerdem ist sehr schön an dem Buch, dass gezeigt wird vor allem auch durch die Sprüche, dass Europa zusammenhält und dass man vieles nur zusammen erreichen kann. Rob Biddulph sagt auch in einem Spruch, dass er beschloss, verschiedenen Länder als Musikinstrumente darzustellen. Alle zusammen spielen die Europahymne „Ode an die Freude”. Wir finden das Bild und den Text sehr schön, da ein Instrument alleine nicht so schön spielen kann. Auf diesem Bild ist neben dem Orchester eine einsame Trompete mit einer britischen Fahne zu sehen, die abseits zusieht.
Uns gefällt beim Durchblättern auch sehr gut, dass wir zum Nachdenken angeregt werden, wenn wir die meist fröhlichen,  manchmal auch traurigen Kinder sehen. Wir Kinder verstehen nicht, warum sich Länder überhaupt streiten und nicht Freunde sind – in Europa, aber auch auf der ganzen Welt. Nur als Freunde können wir die großen Probleme  wir z. B. Krieg, Armut und Klimawandel lösen.”

Noch ein paar Stimmen zu dem Buch:

Fridtjof Küchemann meint in der Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„,Zeichnen für ein Europa‘ zeigt anhand eines drängenden Themas und mit Beiträgen so unterschiedlicher Illustratoren…wie gut die Pointiertheit der Kinderbuchkunst zur politischen Karikatur passen kann.V

Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach e.V. gab im Monat Mai dem Buch den Preis „Bilderbuch des Monats”.

Die Begründung:

„Eine großartige Idee für das wunderbare Projekt Europa: Künstlerinnen und Künstler zeigen ihren persönlichen Blick auf ein Europa mit Illustrationen, die die Vielfalt und Einzigartigkeit unterstreichen. Ein Zeichen für ein Europa, für Freiheit und für Toleranz!”

Zeichnen für ein Europa
Bilder von 45 Illustratorinnen und Illustratoren. Mit einem Vorwort von Axel Scheffler
Übersetzt aus dem Englischen von Fabienne Pfeiffer
96 Seiten,  12,95 €, Verlag Beltz

 

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Telefon 06201 16605
a.boguslawski@docheuropa.de

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Müllheimer Talstraße 66
69469 Weinheim
Telefon 06201 63254
a.knapp@docheuropa.de

Redaktion:
Alexander Boguslawski, Adalbert Knapp,
Norbert Kramer

Texte: Adalbert Knapp

Bilder: Joachim Gutfleisch, Adalbert Knapp, Norbert Kramer, Philipp Pflästerer, Daniel Sieler

Layout und Webdesign
Sven Holland , Weinheimer Jugendmedien
Web-Programmierung
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