Fortschritte der Europäischen Union

Europa ist für mich eine Erfolgsgeschichte, zumindest bis zum gescheiterten Versuch einer neuen EU-Verfassung in 2006 und der ökonomischen Krise 2008. Meine persönliche Erfahrung ist ein Zeugnis dessen und ich möchte an die positiven Meilensteine erinnern, so wie ich sie als Migrantin der zweiten Generation erlebt habe bis ich im Jahre 2000 nach Spanien ausgewandert bin. Natürlich sehe ich alle die Probleme, Ungleichgewichte und Begrenzungen der Europäischen Konstruktion, aber ich schlage vor, die sonnige Seite zu betrachten.

Der Eintritt Spaniens in die Europäische Union in 1986 war ein wichtiger Moment für die spanischen MigrantInnen in Deutschland, Frankreich und den anderen europäischen Auswanderungsländern der politischen und wirtschaftlichen Migration seit dem Ende des spanischen Bürgerkrieges. Spanische MigrantInnen in Deutschland konnten von BürgerInnen der dritten Klasse in die zweite Klasse aufsteigen: die Aufenthalts- und Arbeiterlaubnis wurde ein Recht und man konnte sich frei bewegen, nach Spanien ziehen und wieder zurück nach Deutschland, Frankreich oder Schweden, um dort zu arbeiten. Die Erweiterung der Europäischen Union auf 28 Länder hat es vielen Millionen Menschen ermöglicht, am wirtschaftlichen, studentischen und kulturellen Austausch teilzunehmen. Im Jahre 1987 wurde beispielsweise das Austauschprogramm Erasmus für Studenten geschaffen, von dem mehr als 9 Millionen Studenten profitiert haben.

Im Jahr 1992 kam mit dem Maastrichter EU Vertrag die Einführung einer Unionsbürgerschaft, die die nationale Staatsbürgerschaft ergänzt. Wir EU-BürgerInnen bekamen nun mehrere zusätzliche Rechte: wir bekamen das aktive und passive Wahlrecht bei Europa- und Kommunalwahlen. Seitdem wählen EU-MigrantInnen den Weinheimer Stadtrat und deutsche EU-BürgerInnen die Stadträte (consejos municipales) in Spanien und anderen EU Mitgliedsstaaten. Das hat die Demokratie in Europa erweitert.

Seit der Wirschaftskrise in 2008 hat der Euroskeptissismus in der Mehrheit der EU Staaten zugenommen, wie eine Analyse der nationalen Parlamentswahlen bis 2018 zeigt. Was kann man in dieser Situation als kritische EU-BefürwortIn zur positiven Veränderung der EU tun? Als erstes, können wir am 26. Mai 2019 an den EU Wahlen teilnehmen. Zweitens, schlage ich vor, kritisch über die positiven Entwicklungen der EU zu sprechen und für eine Fortentwicklung der sozialen Union zu werben. Als Anregung dafür möchte ich ein paar Beispiele von positiven sozialen Prozessen aufzählen, die in der letzten Zeit von EU Institutionen angetrieben worden sind:

  • Der Europäische Gerichtshof hat 2016 spanische Banken zur Rückzahlung unzulässig hoher Zinsen an Schuldner verurteilt. Die Banken hatten diese aus ungültigen Vertragsklauseln in Hypothekendarlehensverträge erwirtschaftet.
  • Die EU Kommission hat im Mai 2018 beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen Deutschland, Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und das Vereinigte Königreich eingereicht, weil die vereinbarten Grenzwerte für die Luftqualität nicht eingehalten werden. In diesem Zusammenhang hat Madrid ab dem 30. November 2018 die neue Umweltzone „Madrid Central“ eingerichtet, in die nur noch Fahrzeuge mit der spanischen Umweltplakette einfahren dürfen, um die regelmäßig hohe Luftverschmutzung etwas einzudämmen.
  • Die EU Kommission und das Europäische Parlament haben im April 2017 eine neue Richtlinie zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben vorgeschlagen, die im Dezember 2018 im Diskussions-und Gesetzgebungsverfahren fortschreitet. Diese Richtlinie schlägt Mindeststandards für den Vaterschaftsurlaub und den Elternurlaub vor, sowie die Einführung eines Pflegeurlaubs. Außerdem soll auch das Recht auf Beantragung flexibler Arbeitsregelungen (Teilzeit, Gleitzeit und Telearbeit) auf alle berufstätigen Eltern von Kindern bis 12 Jahre und alle berufstätigen pflegenden Angehörigen ausgeweitet werden.

Das sind kleine Schritte vorwärts, die teilweise auch umstritten sind, aber es ist natürlich schwer 28 Mitgliedsstaaten, ihre Regierungen, Parlamente, Interessenverbände und BürgerInnen gleichzeitig zu befriedigen. Auf die Bilanz aller EU Maßnahmen kommt es an und deren Verbesserung sollten wir fordern. Am 26. Mai 2019 haben wir die Chance, dies ein wenig durch unseren Wahlgang zum EU Parlament mitzubestimmen.

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